"Es gibt weder Himmel noch Erde nur den Schnee, der ohne Ende fällt." (Japanisches Haiku)
In der Nacht regnet es. Unaufhaltsam trommelt das Wasser in eine Regentonne und das Geräusch verfolgt mich im Schlaf. Am Morgen hängen die Wolken tief, sodass die Landschaft fast von ihnen verschluckt wird. Im Zug sind zahlreiche ältere Menschen unterwegs zu einem Fest. "Wir müssen ja nicht allzu lange bleiben", sagt eine Dame zu ihrer Freundin. Beim Warmbad Villach beginnt der Archäologiepfad. Ich hatte dabei an einen gemütlichen, flachen Weg gedacht, aber es geht doch recht zügig bergauf. Beinahe wird man vom Grün, das einen hier umgibt, verschluckt, nichts ist sichtbar außer Bäume, die wie scharf ausgeschnittene Figuren aussehen und deren Strukturen mit dem Licht wechseln. Zurück am Bahnhof lichten sich die Wolken, zerstreuen sich zu lichten Bahnen, machen Platz für die Berge, die nun am Horizont klar und scharf sichtbar werden.
"Viele von uns kennen auch Zeiterfahrungen der angenehmen Langsamkeit. Im Urlaub beispielsweise wollen wir nicht ständig Zeit gewinnen, sondern verlieren sie, verlieren uns in der Zeit, vielleicht im Spiel, im bloßen Schauen, im kulturellen Genuss, vielleicht in einem anregenden Gespräch...Wir empfinden und dann lebendig und schauen auf die Dinge anders als im Alltag. Der Augenblick, die Qualität, die Tiefe des Erlebten und nicht die Quantität zählt in solchen Momenten." (Aus: Winfried Hille: Slow. Die Entscheidung für ein entschleunigtes Leben)
"Walking, ideally, is a state in which the mind, the body and the world are digned, as though they were three characters finally in conversation together, three notes suddenly making a chord. Walking allows us to be in our bodies and in the world without being made busy by them. It leaves us free to think without being wholly lost in our thoughts."
Jeruzalem mit "z": ein ungewöhnlicher Name für einen Ort im Nordosten Sloweniens, der mit seinen sanften Hügelketten, terrassenartigen Weinbergen und erstklassiger Kulinarik lockt. Wie die Ortschaft zu ihrem Namen kam? Wahrscheinlich durch Kreuzritter, die auf dem Weg ins israelische Jerusalem Halt machten und den hervorragenden Wein, der nach wie vor hier gedeiht, genossen. Jeruzalem hat aber nicht nur Spitzenweine und gemütliche Weinkeller zu bieten, hier laden auch zahlreiche Wanderwege und Fahrradrouten zum Erkunden der Landschaft ein.
"Es zieht uns ans Wasser. Meeresküsten, Flusslandschaften, Bachläufe üben eine ungebrochene Faszination aus. Der Sinn für die Magie einer Quelle scheint im urbanen Alltag noch keineswegs verschüttet. Kaum eine Fußgängerzone oder Shopping Mall ohne Springbrunnen und Kaskaden, wo Wasser plätschert und glitzert." (Ulrich Grober)
"Zu gehen verschafft ein Gefühl von Freiheit. Es ist das Gegenteil von "schneller, höher, weiter." Alles bewegt sich langsamer, wenn ich gehe, die Welt scheint sanfter zu werden, und eine kurze Weile lebe ich nicht durch die alltäglichen Verrichtungen, wie daheim aufzuräumen, an Sitzungen teilzunehmen oder Manuskripte zu lesen. Zu gehen ist ein Freiraum. Die Meinungen, die Erwartungen und die Launen der Familie, der Kollegen und Bekannten werden für einige Minuten oder einige Stunden unwichtig. Ich spüre, dass ich das Zentrum meines Lebens bin, und kann mich gleich darauf selbst vollkommen vergessen...Bei so vielen Dingen in unserem Leben geht es um hohes Tempo. Gehen tut man langsam. Und es ist damit das Radikalste, was du tun kannst." (Erling Kagge: Gehen. Weiter gehen. Eine Anleitung)
"Heute lebt man temporeich und fast grenzenlos. In 24 Stunden ist mit dem Flugzeug jeder Punkt des Planeten zu erreichen. Per Fernbedienung oder Mausklick überwindet man den Raum in
Sekundenschnelle. Alles wird "besehbar".....Unsere mentalen Landkarten erweitern sich, aber verarmen auch. Die Sehnsüchte richten sich auf immer fernere Ziele, auf das ganz Andere. Die
"wertvollsten Wochen des Jahres" sind für möglichst exotische Schauplätze reserviert. Dort erfüllen wir uns unsere Lebenswünsche. Dort "lebt" man. Diese Strategie bekommt in der Regel weder dem
Hier noch dem Dort. Ist sie auf Dauer lebbar?" (Ulrich Grober)
"Wandern ist vielerlei: Freizeitspaß, sanfter Natursport, nachhaltiger Tourismus ... Alles hat seine Berechtigung. Mich interessiert die nach oben offene Skala der Möglichkeiten. Die fließenden Übergänge, wo das Wandererlebnis in die Erfahrung von Kultur - und Kosmos - übergeht. Wo die Kunst des Wanderns sich berührt mit Lebenskunst und deren Kern: Selbsterfahrung und Selbstsorge. Wo beim Gehen das Tagträumen einsetzt - und die Sinnsuche." (Aus: Ulrich Grober: Vom Wandern. Neue Wege zu einer alten Kunst)
Immer wieder zieht es mich zum Wasser, weil es alle meine Sinne bewegt. Weil es glitzert und plätschert, weil es magisch und ein Zeichen für Erneuerung und Wandel ist. Denken wir doch einfach mal daran, in wie vielen Formen Wasser auftreten kann: als sanfte Schneeflocke im Winter, als kühlender Regen im Sommer, als zerstörerisches Hagelkorn. Von Wasser geht eine ganz besondere Faszination aus, die auch schon unzählige Dichter und Philosophen fasziniert hat. Wasser steht für mich auch symbolisch für die Freiheit, an einem See oder am Meer kann ich meinen Blick in die Ferne schweifen lassen, die zarten Bewegungen der Wellen beobachten und binnen kürzester Zeit stellt sich eine gewisse Ruhe ein und der Alltag rückt in weite Ferne.
Das Bodental ist für mich ein kleines Paradies, das ihr in den Karawanken in Kärnten findet. Vor allem im Frühjahr und Sommer, wenn alles grünt und blüht, trifft man hier auf Pflanzen, die man sonst nur mehr sehr selten sieht. Ich jedenfalls fühle mich hier wie Alice im Wunderland, als ich durch das idyllische Hochtal spaziere. Das saftige Grün, die Blumenwiesen, die Ruhe.
Wenn man die Entstehung der Nockberge betrachtet, so muss man auch einen Blick auf die griechische Mythologie werfen, denn dort, wo heute die sanften Gipfel zu sehen sind, befand sich früher das Urmeer Tethys, dessen Name auf die Frau von Okeanos zurückzuführen ist. Im Laufe von Millionen von Jahren rückte dann die afrikanische Kontinentalplatte in Richtung Norden vor, während die skandinavische Platte dagegen hielt. Das Material, das sich dazwischen befand, wurde nach oben gedrückt und das Urmeer schrumpfte zusammen. Im Laufe der Zeit wuchsen die Nockberge auf eine Höhe von bis zu 2400 Meter an.
Zum ersten Mal auf diesen Berg fahren, der schon so lange auf meiner Liste stand. Mit der Gondel hinauf und eintauchen in ein Nebelmeer. Dennoch weitermarschieren, so lange, bis sich der Nebel lichtet, der Himmel aufreißt und sich die Sonne zeigt. Unterwegs eine Pause einlegen und Croissants und Schokolade essen, in Gedanken versunken weitermarschieren und darüber nachdenken, wie viel Einfluss eigentlich das Wetter auf unsere Gefühle hat.
"Ich neige sehr dazu, aus dem Rucksack zu leben und Fransen an den Hosen zu haben", so Hermann Hesse in seinem Buch mit dem Titel "Wanderung". "Lange hat es gedauert, bis sich wusste..., dass ich Nomade bin und nicht Bauer, Sucher und nicht Bewahrer...Der Wanderer ist in vielen Hinsichten ein primitiver Mensch, so wie der Nomade primitiver ist als der Bauer. Die Überwindung der Sesshaftigkeit aber und die Verachtung der Grenzen machen Leute meines Schlages trotzdem zu Wegweisern in die Zukunft."
Wasser hat auf mich immer schon eine ganz besondere Faszination ausgeübt. Entlang eines Baches zu spazieren oder am Meer zu sitzen beruhigt mich, meine Gedanken hören auf zu kreisen und ich werde
ruhig. Wer es auch ein bisschen spannend haben möchte, fährt am besten zum Abenteuer-Wasser-Weg in Liebenfels/Kärnten.
Das Innergschlöss in Osttirol zählt zu den schönsten Talabschlüssen der Alpen. Hier trifft man auf den eisglänzenden Schlatenkees, auf bedrohliche Felsformationen, aber auch auf die atemberaubende Schönheit frischer, grüner Almböden.
Zugegeben: Der Tag, an dem wir die Drei Zinnen besuchten, war einfach perfekt und wie aus dem Bilderbuch. Ein genialer Tag für eine Wanderung zum Wahrzeichen der Dolomiten. Die Drei Zinnen befinden sich im Hochpustertal und wurden 2009 zum UNESCO Welterbe ernannt. Von der Südtiroler Seite aus erreicht man sie über Toblach, das Hölensteintal und Misurina, wo man am Misurina See abbiegt und dann den Parkplatz der Auronzo Hütte erreicht. Hier kann man sein Auto abstellen und den Weg Nr. 101 nehmen, der relativ flach zu den Drei Zinnen führt.
Durch die Äste des Mischwaldes sehen wir bereits das blaue Wasser des idyllischen Millstättersees schimmern, als wir in Döbriach unsere Wanderung in Richtung Seeboden starten. Wie schon so oft stelle ich mir auch hier wieder die Frage, warum das Wasser eine so ungeheure Faszination auf mich ausübt, ganz egal, ob ich mich nun am Meer, an einem See oder in einer Flusslandschaft befinde.
"Sangya" bedeutet: offen sein für Wechselfälle, für unerwartete Erlebnisse und überraschende Begegnungen, für Windungen und Wendungen des Weges. Auch Irrwege und widrige Wetterereignisse und damit verbundene Strapazen nimmt man tief in sein Bewusstsein auf. Sie sind beispielhaft für die Unsicherheit und das Prekäre des Lebensweges. "Sangya" heißt auch: Unterwegs Sonne und Mond auf ihren Bahnen beobachten, den Wechsel der Jahreszeiten wahrnehmen, Makrokosmos und Mikrokosmos, der Einmaligkeit der Naturphänomene und den Konstanten des Daseins nachspüren." (Aus: Ulrich Grober: Vom Wandern. Neue Wege zu einer alten Kunst)
In seinem Dokumentarfilm "Vier Leben" zeigt Michelangelo Frammertino den Tagesablauf eines Hirten in einem Bergdorf. Er opfert sich für seine Ziegen und für seinen Hund auf, schafft es aber vor Erschöpfung kaum mehr nach Hause. Außerdem zeigt der Regisseur, wie stark die Natur und die dörfliche Kultur miteinander verbunden sind. Hirten sind auch am Hochplateau Velika Planina zu finden.
Die Natur berührt mich immer wieder aufs Neue. Dort habe ich das Gefühl, eine Zeit lang alles hinter mir lassen zu können und ich erlebe Momente, in denen ich die Kraft der Landschaft spüre. Vor kurzem habe ich den Satz gelesen: "Berge sind Orte, wo die Seele Sehnsucht verspürt" und auch dem kann ich nur beipflichten.
"Ich ging nur für einen kurzen Spaziergang hinaus und beschloss schließlich, bis zum Sonnenuntergang draußen zu bleiben, denn ich stellte fest, dass das Nach-draußen-Gehen eigentlich ein Nach-innen-Gehen war." (John Muir, The Wilderness World of John Muir)
Katherine May hat ein ganz wunderbares Buch mit dem Titel "Überwintern" geschrieben. Es ist eine "Winterweltreise", ein Buch, das voller kluger Ideen steckt und in dem sie zeigt, wie wichtig es ist, sich auch Ruhezeiten und Zeiten des Rückzugs zu gönnen. Neben ihren persönlichen Lebenskrisen berichtet die Autorin auch immer wieder von Exkursionen in die Natur bzw. zu ganz besonderen Orten.
Panta rei. Alles fließt. Und das ist auch das Faszinierende am Wasser: Dass es ununterbrochen in Bewegung ist. Unaufhaltsam folgt es ausgehend von der Quelle der Schwerkraft und sucht sich seinen Weg, bis es ins Meer oder in einen Fluss mündet, fließt weiter, steigt in die Luft, um dann seinen Weg als Wolke fortzusetzen. Wasser reagiert auf Differenzen, den Mondzyklus und den Rhythmus der Jahreszeiten. Sich eine Zeit lang in der Nähe von Wasser aufzuhalten, hat einen äußerst befreienden Effekt: Unser Denken verflüssigt sich, Blockaden lösen sich auf und wir können alles Lebendige viel leichter erfassen.
"Beim Betrachten von Wasser, Wind, Feuer und Landschaft können wir stundenlang still sein, ohne an etwas zu denken, versunken in die unermessliche Kraft der Elemente." (Dr. Wolfgang Hofmeister)
Der Name Schütt ist auf ein Erdbeben am 25. Jänner 1348 zurückzuführen, dessen Epizentrum in Tolmezzo lag. Dadurch lösten sich vom Dobratsch etwa 30 Millionen Kubikmeter Gestein und donnerten in Folge in das untere Gailtal, wo sie eine bizarre Landschaft formten.
"Versuche, achtsam zu sein, und lass den Dingen ihren natürlichen Lauf. Dann wird dein Geist in jeder Umgebung still wie ein klarer Waldsee. Alle möglichen wunderbaren und seltenen Tiere werden kommen, um vom Wasser des Sees zu trinken, und du wirst das Wesen aller Dinge klar erkennen. Du wirst viele seltsame und wunderbare Dinge kommen und gehen sehen, aber du wirst still sein." (Ajahn Chah, Ein stiller Waldteich)
Wer kennt ihn nicht: Den Ausspruch "Der Weg ist das Ziel", der mittlerweile eher zu einem Werbeslogan für die Autobranche geworden ist. Ursprünglich kommt der Satz aber aus dem Buddhismus bzw. Taoismus, mit dem man zum Ausdruck bringen möchte, wie bedeutungsvoll es ist, sich an ein Ziel ganz langsam und bewusst anzunähern.
Einfach losgehen. Eine Wegstrecke zu Fuß zurücklegen. Unterwegs vom Weg abweichen. Meine Pausen selber festlegen. Mir Zeit geben, Räume zu erkunden, auch das, was dazwischen liegt. Mir etwas zutrauen, Grenzen überschreiten. Die Wahrnehmung schulen. Innenschau halten. Gespräche mit mir selber führen.
/Things that have almost always been/
Cliffs. Tree ferns. Companionship. Sky. The man in the moon. The sentimentality of sunrises and sunsets. Eternal love. Dizzy lust. Abandoned plans. Regret. Cloudless night skies. Full moons. Morning kisses. Fresh fruit. Oceans. Seas. Tides. Rivers. Lakes as still as mirrors. Faces full of friendship. Comedy. Laughter. Stories. Myths. Songs. Hunger. Pleasure. Sex. Death. Faith. Fire. The deep silent goodness of the observing self. The light made brighter by the dark around it. Eye contact. Dancing. Meaningless conversation. Meaningful silence. Sleep. Dreams. Nightmares. Monsters made of shadows. Turtles. Sawfish. The fresh green of wet grass. The bruised purple of clouds at dusk. The wet crash of waves on slow-eroding rocks. The dark slick shine of wet sand. The gasping relief of a thirst quenched. The terrible, tantalising awareness of being alive. The now that for ever is made of. The possibility of hope. The promise of home. (Matt Haig, Notes on a nervous planet)
"Sagen wir mal so: Alle Landschaften haben etwas Symbolisches. Sie entsprechen immer inneren Landschaften: Man guckt eine Hügellandschaft nicht an, ohne dabei eine bestimmte Form von Idylle aufzurufen. Und das Hochgebirge birgt ein bestimmtes Bild vom lebensabweisenden, kalten Kulturraum. Und dann gibt es noch Landschaften, bei denen man subjektiv das Gefühl hat, man sei auf der Rückseite einer Landschaft angekommen: Die Farben sind verblichen, die Konturen unscharf und die Fäden hängen raus. Wie bei der Rückseite einer Stickerei." (Roger Willemsen)
Schriftsteller trieb es immer schon in die Wälder. Dort suchten sie nach Inspiration, nach Stille, tauchten ein in die grüne Vielfalt und schrieben mit viel Poesie über BAumkronen, den Rauhreif oder den Wind, machten sich Gedanken über Sternbilder und Temperaturen. Den meisten von uns ist wahrscheinlich auch Henry Thoreaus bekanntes Buch "Walden" ein Begriff, das aus dem Jahr 1854 stammt.
Eine der ungewöhnlichsten Landschaften Irlands ist wohl der Burren, eine paradoxe Landschaft, eine Welt aus Kalk, die wie aus der Zeit gefallen zu sein scheint.
In Bad Gastein ticken die Uhren anders. Am besten wäre es, die Wanderbekleidung gegen ein Ballkleid zu tauschen, denn man hat das Gefühl, als könnte jederzeit Kaiser Franz Josef um die Ecke kommen. Hinter Glasscheiben machen die Menschen Yoga und das Restaurant Sitting Bull wirbt für die besten Steaks in town, während vor der Lederhosenbar ein Plakat von Helene Fischer hängt und ein weiteres auf einen informativen Baustellenspaziergang hinweist. In Souvenirläden türmen sich Original Blumenelfen neben Schals aus Wolle und Seide, in der Ferne rauscht der Wasserfall, der den Takt vorgibt und manchen Menschen in der Nacht den Schlaf raubt. Wandert man aber an der Promenade entlang, so fällt der morbide Charme, der diesen Ort umgibt, plötzlich ab. Es wird grüner, die Berge tauchen auf und die Landschaft öffnet sich zu einer großen Weite.
"Sich in der frischen Luft bewegen, sie auf der Haut spüren, sie tief einatmen, stundenlang bei Wind und Wetter, zu allen Jahreszeiten - darin liegt ein wesentlicher Impuls zum Wandern." (Ulrich Grober)
Manchmal braucht es nicht mehr als eine Kanne Tee, Spekulatiuskekse und die Stille der Natur, um wieder ein bisschen zu sich selbst zu finden. Aus diesem Grund bin ich zum Kraiger See gefahren, einem kleinen See in Mittelkärnten, der zur Gemeinde Frauenstein gehört. Im Sommer lässt es sich hier im Schatten der Weiden auch herrlich entspannen, ich wähle den See aber als Ausgangspunkt für eine Winterwanderung zu den Burgen Hoch- und Niederkraig. Der Weg führt mich etwa eine Stunde lang hauptsächlich durch den Wald, vorbei an einem Burgteich und einem imposanten mittelalterlichen Aquädukt, das früher die Wasserleitung zwischen Nieder- und Hochkraig trug. 1730 wurde in den Turm der Ruine Niederkraig die Nepomukkapelle gebaut, die allerdings versperrt ist. Heute sind Hoch- und Niederkraig nur noch Ruinen, die auf einem sehr schroffen Felsen thronen.
Der Naturpark Dobratsch ist in die Kärntner Seenlandschaft eingebettet und von Villach und den Gemeinden Arnoldstein, Bad Bleiberg und Nötsch umgeben. Aber nicht nur seine geografische Lage, seine Fauna und Flora sowie seine Geologie sind einzigartig, rund um den Berg ranken sich auch zahlreiche interessante Sagen.
Es gibt vieles, über das man staunen kann, und ich bin der Meinung, dass das Staunen eine der reinsten Emotionen ist. Ich staune gerne und oft: Wenn ich in der Natur unterwegs bin, wenn ich verreise, neue Landschaften entdecke, über schöne und treffende Sätze und über kluge Menschen.
"still soll es sein und ein endloser blick übers meer. genug platz in der luft damit du darin schwebst. ich hoffe es reicht."
(Maren Sandt)
"Wir leben schnell. Unser tägliches Spiel heißt "dalli, dalli". Am Rand unseres Alltags steht alle Augenblicke ein Termin wie ein ungeduldiger Verkehrspolizist und winkt uns zu: "Weiter, weiter....!" Der Langsamere ist ein Störenfried, ein untüchtiger Träumer, ein Sicherheitsrisiko. Die Berge aber ruhen über dieser unstet treibenden Welt. Ihre Konturen sind immer dieselben geblieben - für den Steinzeitjäger, den römischen Legionär, den Pilger des Hochmittelalters und Herrn Schultze mit Familie auf dem Campingplatz. Der Berg holt in die Ruhe. Vielleicht schon damit, dass er uns ein wenig in die natürlichen Rhythmen des Lebens zurückzwingt. Beim Wandern am Berg tauchen die Umrisse langsam auf, verschieben sich allmählich Kulissen und Horizonte, ganz anders als beim Blick aus dem Auto oder dem Schnellzug. Auf den Bergen kann das Herz nachkommen. Dort, wo der Hochwald zum ersten Mal den Blick freigibt, bei der Rast am Bergsee, beim Blick auf die ziehenden Talnebel oder die Spiele der Wolken."
(Reinhold Stecher)
Wenn ich den Kopf frei bekommen möchte, gehe ich spazieren oder wandern. Weil es mir dann leicht fällt, den Alltagsstress hinter mir zu lassen und meine Gedanken aufhören, ständig um irgendein Problem zu kreisen. Ich werde ruhig. Mein Blick wird wieder klarer und erfahre nicht nur die Natur, sondern auch mich selbst. Ich werde wieder neugieriger oder wie es Ulrich Grober so schön formuliert hat:
"Einfach verschwinden. Losgehen. Vier bis fünf Kilometer in der Stunde zu Fuß zurücklegen. Mal weniger, mal mehr, je nach Gelände und Witterung. Ziele, Routen, Pausen selber wählen. Richtungen ändern. Vom Weg abweichen. Im Weglosen gehen. Souverän über Raum und Zeit verfügen. Gehen und tragen. Alles, was man braucht, im Rucksack bei sich haben. Sich etwas zumuten. Bis hart an die eigene Grenze gehen. Blickachsen, Hörräume, Duftfelder wahrnehmen und immer wieder pendeln: zur Innenschau, der Zwiesprache mit sich selbst, dem Hören auf die innere Stimme: Essenz des Wanderns."
"Die Weite tut uns gut", schreibt Reinhold Stecher in seinem Buch "Botschaft der Berge". "Was nämlich die geistigen Grundeinstellungen betrifft, so gleichen wir Menschen dieses Zeitalters einem Fotografen, der mit seiner Kamera auf der Jagd nach Vordergrund ist. Dazu muss er die Optik seiner Kamera auf "nah" drehen, damit er das Gewünschte ins Blickfeld kriegt. Wir drehen auch die Optik unseres Geistes auf "nah", wir konzentrieren uns auf den Vordergrund. Wir starren gebannt auf das Unwichtigere, Genussreiche, Vorteilhafte, Modische, Belanglose, Nützliche, Praktische, Messbare und "Exakte". Und damit drehen wir die Optik unseres Herzens auf "nah". Und nun ergeht es uns bei dieser Optikeinstellung ganz gleich wie dem Fotografen auf der Jagd nach dem winzigen Detail: Sobald er den Vordergrund, den kleinen Schmetterling, mit dem Drehen der Optik ins Visier bekommt, verschwinden die Hintergründe. Wiesen, Wälder, Berge und Wolken werden zu undeutlichen, verschwimmenden Farbflecken. Die Horizonte lösen sich auf, die Hintergründe gehen verloren. Wenn Herz und Geist nur auf "nah" drehen, schwinden die tragenden Werte und Wahrheiten des Lebens. Wir werden im bedrückendsten Sinn des Wortes Kurzsichtige. Und darum tut uns die Weite so gut."
Wir starten unsere Wanderung beim Gemeindeamt in Himmelberg und werden gleich nach den ersten Metern von einer angenehmen Ruhe umgeben. Nur wir und das Rauschen von Wasser, Grüntöne in allen Varianten und das Zirpen der Vögel. Wir gehen weiter, spazieren an alten Bauernhäusern vorbei und fragen uns, welche Geschichten sie wohl zu erzählen haben. Zeitenweise trägst du einen Regenschirm, um dich vor der Sonne zu schützen, wie es dir der Arzt geraten hat, wir lachen und machen Fotos davon und du sagst, du hättest schon lange nicht mehr so zufrieden ausgesehen.
Und dann: Eintauchen in einen geheimnisvollen Wald, in dem das Wasser die Hauptrolle spielt. Von den Ästen der Bäume hängen Waldgeister und Engelfiguren markieren den Eingang in eine andere Welt. Es ist fast so, als würden sich Elfen oder Feen im Geäst verstecken und die Bäume uns Legenden aus früheren Zeiten zuraunen.
Lange über die Freiheit nachgedacht. Weil sie mir viel bedeutet. Weil sie mich schon mein ganzes Leben lang begleitet. Die Freiheit, meine eigenen Entscheidungen zu treffen. Die Freiheit, bis zu einem gewissen Grad auch unabhängig zu arbeiten, mein eigener Chef sein. Weil Freiheit für mich immer auch bedeutet, dass ich mich ständig neu entdecken kann, die Wahl habe, auch mal meine Richtung zu ändern. Natürlich bedeutet Freiheit immer auch ein gewisses Risiko. Manchmal habe ich keine Ahnung, was ich machen soll, wohin ich mich bewege und was letztendlich dabei herauskommt. Die Verantwortung zu tragen, für das, was ich tue: Auch das ist Freiheit.
Geschichtliches findet man nicht nur in Büchern und Museen, die Geschichte schreibt sich auch in die Landschaft ein und wird in ihr bewahrt. Das wird auch beim Wandern am Burgherrenweg in Landskron deutlich, wo man viel geschichtliches Wissen mit dem Auge erfassen kann, was auch mein Vorsatz war, als ich zu dieser Wanderung, die gleich vor dem Affenberg startet, aufbrach. Ich schlüpfte also in die Rolle eines Spurensuchers, um anhand persönlicher Betrachtungen die Zeugnisse der Vergangenheit für mich freizulegen. Ich überlegte mir, wer auf diesen uralten Wegen einst unterwegs gewesen sein könnte, unter welchen Bedingungen diese Menschen früher gelebt haben und tauche auf diese Weise ein in mir unbekannte Lebensschicksale. So ist es mir möglich, über Sichtbares und Unsichtbares nachzudenken und Geschichte nicht nur im Buch, sondern in freier Natur zu erleben.
Es ist bereits ziemlich voll, als wir am Parkplatz der Vintgar Schlucht ankommen. Ein Parkwächter macht uns mit Handzeichen darauf aufmerksam, dass alle Plätze besetzt sind und wir fahren zu einer anderen Haltemöglichkeit und anschließend mit dem Shuttle-Bus zum Eingang der Schlucht.
"So ein In-Sich-Zuhause-Sein hat mit einer Erdung zu tun, die es einem erlaubt, sich auf Reisen zu verlieren. Das ist eine große Charakterstärke." (Roger Willemsen)
"Nichts gibt es auf der ganzen Welt, das Bestand hätte. Alles fließt."
(Ovid)
Carolin Emcke, die ich sehr mag, hat ein neues Buch mit dem Titel "Für den Zweifel. Gespräche mit Thomas Strässle" herausgegeben und in einem dieser Gespräche bin ich über den Begriff "Irritierbar bleiben" gestolpert, den sie wie folgt beschreibt:
"Denn das Schöne ist nichts als des schrecklichen Anfang,
den wir noch grade ertragen,
und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht,
uns zu zerstören."
(Aus: Rainer Maria Rilke: Duineser Elegien)
"Lebenskunst heißt, die Umgebung zu suchen, von der man sich prägen lassen will", kommentiert der Philosoph Wilhelm Schmid. Zu dieser Selbsterfahrung gehört der Wille, sich bewusst Risiken, Gefahren, Leiden, Qualen auszusetzen, bis an die eigenen Grenzen und ein kalkuliertes Stück darüber hinauszugehen, um eine selbstgewählte Herausforderung zu bestehen." (Aus: Ulrich Grober: Vom Wandern. Neue Wege zu einer alten Kunst)
Eine meiner liebsten Walkingstrecken ist das Bleistätter Moor, das eigentlich zu jeder Jahreszeit einen ganz besonderen Reiz hat.
"Natur ist nicht etwas außerhalb von uns, sie ist in uns gegenwärtig, auf tiefster Ebene mit uns verbunden. Auch unsere Wurzeln reichen weit in die Erde, ganz ähnlich wie die Wurzeln der Bäume, während unser Blick auf einen Horizont gerichtet ist, der Vorstellungskraft und Fantasie anregt. Wir schauen in die Welt - und sehen uns selbst." (Aus: Jennie Appel und Dirk Grosser: Kraftort Natur)
Der rund 3,5 Kilometer lange Kaninger Mühlenweg beginnt beim sogenannten Türkhaus, das 1987 am Laufenberg abgetragen und an den Mühlenweg überstellt wurde. Nun ist hier ein kleines Museum untergebracht, das Einblick in das bäuerliche Leben gewährt.
Seid ihr schon bereit für die neue Wandersaison? Ich habe die Saison bereits eröffnet, wenn ihr aber noch auf der Suche nach der richtigen Ausrüstung seid, so möchte ich euch hier einige funktionelle Bergbegleiter vorstellen.
In seinem Werk "Gehen" schreibt Thomas Bernhard: "Wir müssen gehen, um denken zu können (...). Wenn wir gehen (...) kommt mit der Körperbewegung die Geistesbewegung (...). Wer eine Landschaft durchstreift, tritt also nicht nur aus seinem Alltag heraus, sondern findet auch Zeit um nachzudenken. Auch Primar Reinhard Haller hat in der Radiosendung "Themen für Leben" darüber gesprochen, wie eine Landschaft auf Menschen wirken kann und welchen Einfluss das Wandern auf Hirnabläufe sowie Stoffwechselvorgänge hat. Er verwendet dabei den Begriff "Psycho-Geografie", denn Landschaften können sowohl bedrückend, melancholisch als auch befreiend sein. Je mehr Stress wir haben, desto mehr sehnen wir uns nach Reduktion, nach Langsamkeit und Bewusstheit. Wer nun regelmäßig geht bzw. wandert, kann Stress und Aggressionen abbauen, indem er seinen Fokus auf genau diese Tätigkeit bzw. die Landschaft, die ihn umgibt, richtet. Wir wandern dann nicht nur in die Welt hinaus, sondern auch in uns hinein, wodurch sich ein Ganzes ergibt.
"Wandern ist vielerlei: Freizeitspaß, sanfter Natursport, nachhaltiger Tourismus.....Alles hat seine Berechtigung. Mich interessiert die nach oben offene Skala der Möglichkeiten. Die fließenden Übergänge, wo das Wandererlebnis in die Erfahrung von Natur und Kultur - und Kosmos - übergeht. Wo die Kunst des Wanderns sich berührt mit Lebenskunst und deren Kern: Selbsterfahrung und Selbstsorge. Wo beim Gehen das Tagträumen einsetzt - und die Sinnsuche." (Ulrich Grober)
Egal ob man eine Tageswanderung oder auch eine mehrtägige Tour plant: Die richtige Bekleidung trägt maßgeblich zu einer entspannten Bergwanderung bei, denn es gibt nichts Schlimmeres als Schuhe, die nicht passen, oder Oberbekleidung, in der man schwitzt bzw. die sich unbequem anfühlt.
Oberhalb des Millstätter Sees liegt die Lammersdorfer Hütte, von der aus man vorbei am Stanamandl bis hin zum Granattor wandern kann. Das Tor erreicht man entweder über einen Steig oder über einen Forstweg, der etwas länger, aber dafür weniger steil ist. Oben angekommen genießt ihr einen traumhaften Blick über den Millstätter See und zahlreiche andere Kärntner Berge.
Einen strahlenden Sommertag im Pöllatal verbringen, einem 15 Kilometer langen Trogtal in Kärnten, das mit zu den beeindruckendsten Wandergebieten des Landes zählt. Im Tal entspringt die Lieser, die dann ihren Weg durch das Katschtal sucht und schließlich in die Malta mündet.
Der Autor Ilija Trojanow ist der Ansicht, dass nur die wenigsten Menschen die Kunst des richtigen Spazierengehens beherrschen. Deshalb gibt er auch Kurse, bei denen er mit den Teilnehmern und Teilnehmerinnen durch die Bronx oder durch Harlem spaziert.
Hinausgehen. Den Herbst suchen. Weil diese Jahreszeit immer auch ein Dazwischen ist. Eine Jahreszeit, in der ich jeden Tag den Wetterbericht studiere, um mich zu vergewissern, dass da doch noch ein paar Sonnenstunden sein werden. Wo immer auch ein bisschen Wehmut mitschwankt und ich den Sommer noch nicht ganz loslassen will. Noch ein letztes Eis essen, noch einmal zum See fahren und mir die Sonne ins Gesicht scheinen lassen. Dann aber eintauchen, in das bunte Treiben der Blätter, die erste Kastanie finden und den Nebel bewundern, der in der Früh noch ums Haus schleicht. Schön ist er schon - der Herbst. Weil alles noch ein bisschen intensiver ist. In der Mittagspause noch schnell mal draußen sitzen und einen Kaffee schlürfen und am Abend bereits den Ofen anheizen.
Ein sehr guter Ort, um sich auf die Suche nach dem Herbst zu begeben, ist der Wörthersee-Rundwanderweg. Wenn es oben am Berg schon etwas kühl wird, dann kann man innerhalb von drei Tagen den
bekannten See umrunden. Oder auch nur Etappen davon. Je nach Belieben.