Durch die Äste des Mischwaldes sehen wir bereits das blaue Wasser des idyllischen Millstättersees schimmern, als wir in Döbriach unsere Wanderung in Richtung Seeboden starten. Wie schon so oft stelle ich mir auch hier wieder die Frage, warum das Wasser eine so ungeheure Faszination auf mich ausübt, ganz egal, ob ich mich nun am Meer, an einem See oder in einer Flusslandschaft befinde.
Für mich ist es vor allem die beruhigende Energie dieses Elements, das mich immer wieder aufs Neue fasziniert. Wandert man eine Zeit lang in der Nähe des Wassers, so merkt man bereits innerhalb kürzester Zeit dessen befreiende Wirkung, nimmt wahr, wie sich das Denken verflüssigt und die Bewegungen ganz sanft und weich werden. Blockaden lösen sich auf und man lernt, wie Hans-Jürgen Heinrich es so treffend sagt, "in Bewegung in sich ruhend da-zu-sein."
Mit Blätterrauschen und Wellenschlag
Am naturbelassenen Südufer zeigt sich der Millstättersee von einer traumhaften Seite. Entlang des Ufers verläuft ein breiter Weg durch artenreiche Mischwälder und an zahlreichen Stellen wird der Blick auf das funkelnde Wasser und die umliegende Bergwelt frei. Man kann also durchaus sagen, dass es ein Wohlfühlweg ist, an dem sich die Gelegenheit zum Entspannen, Erfahren und Erleben bietet. Und das Gute daran: Ihr könnt selbst entscheiden, wie weit ihr wandern wollt, da ihr auf dem Weg auch an den Stationen der Millstättersee Schifffahrt vorbeikommt und dann auch mit dem Schiff wieder zurückfahren könnt.
Der Millstättersee: Tiefster See Kärntens
Mit einer Tiefe von insgesamt 141 Meter ist der Millstättersee der tiefste und gleichzeitig auch der wasserreichste See in Kärnten. Im Gegensatz zum stark besiedelten Nordufer ist das Südufer weitgehend naturbelassen und beheimatet eine Vielzahl an unterschiedlichen Pflanzen- und Tierarten. So sind die zumeist steilen Hänge mit artenreichen Laubmischwäldern bewachsen und den Waldboden überzieht eine üppige Krautschicht. Hier wächst auch der sogenannte Waldgeißbart, der mit seinen überhängenden Blüten viele Blicke auf sich zieht. Aber auch die Farne und Moose profitieren von der Feuchtigkeit an den Hängen und sind daher ebenfalls mit zahlreichen Arten vertreten.
Einkehrtipp:
Charly's Seelounge in Döbriach, wo man tolle Sonnenuntergänge bestaunen und das fast karibische Feeling auf sich wirken lassen kann.
Seeblickrunde Döbriach
"Das Gehen, so wie ich es im Allgemeinen praktiziere, ist ein entdeckendes Gehen. Je nackter man ist, das heißt ohne nutzlose Objekte, desto besser öffnet man sich jeder Eventualität. Nicht das, was man beim Gehen mit sich führt, ist von Bedeutung, weil das Mitgebrachte, sogar der Abfall, bei einem bleibt. Man muss so wenig wie möglich mitnehmen, um bereit zu sein, das Meistmögliche zu empfangen." (Michel Serres)
Beim Sagamundo, dem Haus des Erzählens, in Döbriach startet die Seeblickrunde, die nach einem steileren Aufstieg am Weißen Felsen bzw. der Orchideenwand vorbei über die Lichtungen des Glanzes führt und dabei immer wieder traumhafte Ausblicke auf den See und das Tauernmassiv freigibt. Dabei kann man auch in die Sagenwelt rund um Döbriach eintauchen, darunter beispielsweise die Sage von der Heilquelle bei Döbriach, auch das Lurgele genannt:
"Es war einmal eine Höhle, welche sich unter der riesigen Felsformation Breitwand bei Döbriach befand. Aus dieser Höhle soll einst ein Heilwasser entsprungen sein. Dort lebte auch ein Einsiedler, welcher mit den wundersamen Kräften des Wassers umzugehen wusste. Vielen Menschen gab er von dem heilenden Wasser und so konnten die Augenleiden dieser geheilt werden. Im Austausch dafür brachten ihm die Menschen Essen und so herrschte Gleichgewicht zwischen Geben und Nehmen. Eines Tages hörte die Gräfin Salamanca vom Schloss Porcia in Spittal an der Drau von diesem Heilwasser. Da sie ihre Hunde sehr liebte und diese schon seit längerer Zeit an einer beginnenden Erblindung litten, suchte sie sogleich die Höhle des Einsiedlers auf. In einem scharfen Ton verlangte sie von ihm das heilsame Wasser. Dieser aber beteuerte, dass das Wasser ausschließlich Menschenaugen heilen konnte. Die Gräfin wollte davon aber nichts wissen und hetzte sogleich ihre Hunde auf den Mann. Der Einsiedler wandte sich ab und verschwand zwischen den Felsen, welche sich schützend hinter ihm verschlossen. So sehr auch die wilden Hunde ihre Schnauzen gegen den Felsspalt klemmten, niemals wieder öffnete sich der Berg. Seit dieser Zeit ist die Quelle versiegt und die besondere Stelle ist heute nicht mehr zugänglich."
Lesestoff*:
Irmi Soravia: Millstätter See. Ein Bildband mit zahlreichen Erzählungen, Mythen und Familiengeschichten.
Martin Krake: Maremonto Reise- und Wanderführer: Kärnten - die Seenregion: Wörthersee, Ossiacher See, Millstätter See und Weißensee mit Ausflügen in die Karawanken und die Hohen Tauern.
Kompass Wanderkarte Millstättersee mit Aktiv Guide und Panorama